Donnerstag, 7. März 2019

Buchvorstellung: ••• SKULL 2: Im Fadenkreuz ••• von Stefan Burban


Hallo meine liebe Büchereulen,

also wenn einer fleißig in die Schreibtasten greift und nur so vor Science Fiction und Fantasy-Ideen spudelt, dann ist es der liebe Stefan Burban.

Veröffentlicht er doch tatsächlich bereits am 15. März 2019 sein neuestes Buchwerk im Atlantis Verlag.

Wir haben für euch exklusiv vor Veröffentlichung eine erste Leseprobe zu SKULL 2 - Im Fadenkreuz.

Lasst euch entführen in eine Welt im Jahre 2644.


Eure Romy



••• SKULL 2: Im Fadenkreuz  •••



Klappentext:
Das Vereinigte Koloniale Königreich befindet sich im Umbruch. Ein neues Gesetz soll die Vormachtstellung einzelner Söldnereinheiten am Markt zementieren und somit die Mehrheit käuflicher Soldaten aus dem Geschäft drängen. Die SKULLs werden damit in ihrer Existenz bedroht. Umso erfreulicher, dass nach einer langen Durststrecke endlich wieder ein Klient auf der Bildfläche erscheint. Die Söldner werden damit beauftragt, der Freien Republik Condor militärisch und logistisch unter die Arme zu greifen. Condor steht innenpolitisch unter enormem Druck und hat täglich mit Demonstrationen und Unruhen zu kämpfen, die jederzeit in einem bewaffneten Konflikt münden könnten. Schon bald stellt sich heraus, dass jemand von außen die Fäden zieht, um die Freie Republik zu destabilisieren. Noch bevor den SKULLs ganz klar wird, wie ihnen geschieht, haben sie es mit einem waschechten Aufstand zu tun. Und plötzlich stehen die Söldner einem alten Feind gegenüber, der die SKULLs nie aus den Augen verloren hat. Und dieser ist entschlossen, alte Rechnungen zu begleichen …







Über den Autor:
Der am 22.08.1975 geborene Stefan Burban entdeckte schon früh seine Zuneigung zur phantastischen Literatur. Vor einigen Jahren wurde er freiberuflicher Autor.
Er bereitete über viele Jahre akribisch seine Debüt-Serie, die Military-SF-Reihe "Der Ruul-Konflikt" vor. Im März 2008 veröffentlichte er schließlich im Langlhofer Verlag seinen ersten SF-Roman "Tödliches Kreuzfeuer", der ebenfalls im Ruul-Konflikt-Universum spielt.

Der Atlantis Verlag begann ab Juni 2010 in regelmäßigen Abständen mit der Veröffentlichung der Serie.

Infos zum Buch:
Autor: Stefan Burban
Verlag: Atlantis Verlag
Genre: Fantasy/Science Fiction
Ersterscheinung: 15. März 2019

Format: Taschenbuch
Preis: 13,90 €
Seitenzahl: 400 Seiten
ISBN: 978-3-864-02655-3

Format: eBook
Preis: 8,99 €
Seitenanzahl: 443 Seiten
Dateigröße: 27199 KB
ASIN: B07MKX54GG








☆¸.•°*”˜☆˜”*°•☆☆¸.•°*”˜☆˜”*°•☆ Leseprobe ☆¸.•°*”˜☆˜”*°•☆☆¸.•°*”˜☆˜”*°•☆



Prolog
Wie Phoenix aus der Asche










11. März 2644
Die erste unangenehme Überraschung erwartete Rodney MacTavish bereits, als er aus dem Aufzug stieg. Auf der Tür seines Büros in New York City prangte ein gelber Zettel, auf dem mit aufdringlich fetten Lettern das Wort Letzte Mahnung geschrieben stand.

Rodney riss den Zettel mit tiefem Seufzen ab. Er machte sich nicht einmal die Mühe, die Hinweise und wenig dezent formulierten Drohun­gen zu überfliegen, sondern zerknüllte ihn und warf ihn achtlos in die Ecke. Das Stück Papier landete auf einen Berg mit drei weiteren ähnlich gehaltenen zuvor zugestellten und nun ebenfalls zerknüllten Mahnungen.

Die Leuchtdioden der klobigen Uhr an seinem Handgelenk blinkten in beinahe hypnotischem Rhythmus. »Gute Neuigkeiten?«, fragte die KI Ozymandias bewusst provokant.

»Letzte Mahnung«, erklärte der Lobbyoffizier der Skulls unnötigerwei­se. »Wir dürfen uns freuen. Sie hören jetzt endlich auf zu mahnen.«

»Ich weiß nicht, ob man das ganz so positiv betrachten kann«, erwi­derte die KI pikiert. »Als nächstes erfolgt der Zwangsräumungsbefehl.«

»Die sollen sich bloß nicht ins Höschen machen.« MacTavish rümpfte die Nase. Er versuchte vorzugeben, sich keine Sorgen zu machen. Doch er wusste, er konnte niemanden täuschen. Nicht seine Kameraden bei Skull, nicht die KI an seinem Handgelenk, ja noch nicht einmal sich selbst.

MacTavish öffnete die Tür zu seinem Büro, wo ihn bereits die nächste Überraschung erwartete. Ein Mann in adrettem, maßgeschneidertem An­zug lümmelte sich auf dem Sofa im Eingangsbereich herum. MacTavish erstarrte auf der Stelle. Er war sogar versucht, seinen Zustand mit erschro­cken zu umschreiben. Und es war beileibe nicht leicht, den ehemaligen Geheimagenten zu erschrecken.

Seine Hand tastete wie selbstverständlich nach der Waffe unter seiner Jacke. Der Mann auf dem Sofa erhob sich geschmeidig und hob zum Zeichen seiner friedlichen Absichten beide Hände mit den Handflächen nach außen. »Bitte, bevor Sie mich abknallen, dürfte ich mich vielleicht zuerst erklären?«

»Nein, dürfen Sie nicht«, erwiderte MacTavish und zog in einer fließen­den Bewegung die Neunmillimeter. »Ozzy?«, fragte er, ohne den Mann aus den Augen zu lassen.

»Er hat die Sicherheitssysteme geknackt und sich selbst hereinge­lassen.«

»Ohne dass du etwas davon gemerkt hast? Das ist ... beeindruckend.«

»In der Tat«, gab die KI zurück. Hätte MacTavish es nicht besser ge­wusst, er wäre sich sicher gewesen, Ozzy fühlte sich in seinem profes­sionellen Stolz verletzt. Trotzdem klang die KI gleichzeitig irgendwie beeindruckt.

MacTavish wandte sich erneut seinem unangemeldeten Gast zu. »Be­vor ich Sie als Einbrecher erschieße und anschließend die Polizei rufe, erzählen Sie mir, warum Sie sich auf diese Weise Zugang zu meinem Büro verschaffen?«

Der Mann setzte sein charmantestes Lächeln auf. Damit täuschte er MacTavish keine Sekunde. Der Kerl gehörte offenbar zu den Menschen, die mit ihrem Charme meistens ans Ziel kamen. Sie zählten zu einem äußerst gefährlichen Schlag von Individuen.

»Darf ich die Hände runternehmen?«

»Nein. Sie haben zehn Sekunden.«

»Ich habe ein Jobangebot für Sie. Besser gesagt für Skull.«

MacTavish merkte auf, ließ jedoch nicht in seiner Wachsamkeit nach. »Sie haben noch fünf Sekunden.«

»Haben Sie jemals von Morrisons Marodeuren gehört?«

MacTavish runzelte leicht die Stirn. »Wer hat das nicht. MM ist ein privater Militärdienstleister.«

»Wie die Skulls «, nickte der Mann.

MacTavish schnaubte. »Wohl kaum wie die Skulls . Morrisons Maro­deure besitzen mehr Geld als sich Sorenson je erträumen könnte. Sie stehen ausschließlich im Dienst der Solaren Republik. MM schützt de­ren Interesse im Solsystem selbst – und auch außerhalb. Manchmal mit recht fragwürdigen Einsätzen. Aber das SPS konnte ihnen bisher kein Fehlverhalten beweisen.«

»Mein Name ist Montgomery Pendergast«, stellte sich der Mann vor,

»und meine Aufgabe bei MM ist dieselbe wie Ihre bei den Skulls .« MacTavish neigte leicht den Kopf zur Seite. »Sie sind Lobbyoffizier?« »Allerdings. Und wir hätten einen Job für die Skulls . Interessiert?« MacTavish schnaubte erneut, doch eher um Dominanz zu demons-

trieren. Tatsächlich war er mehr als nur interessiert. Und Pendergast wusste das ganz genau, wie er mit seinen nächsten Worten unter Beweis stellte.

»Wie laufen die Geschäfte seit Cascade?«

MacTavish verzog die Miene. Er bemerkte die Regung erst, als es schon zu spät war. Pendergasts Gesicht zeigte ein überhebliches Lächeln.

»So schlecht also.« Der Lobbyoffizier deutete auf das Sofa. »Was halten Sie davon, wenn wir uns setzen und wie zivilisierte Menschen darüber reden.«

MacTavish überlegte kurz und nickte dann abgehackt. Pendergast nahm wieder auf dem Sofa Platz, während sich MacTavish einen Stuhl heranzog, ihn drehte und sich verkehrt herum darauf setzte.

Die Neunmillimeter legte er locker auf seinem Oberschenkel ab. Der Lauf deutete immer noch in die ungefähre Richtung seines Gastes. Dieser bemerkte es und schmunzelte. »Sie sind ein sehr vorsichtiger Mann.«

»Die Umstände und einige schlechte Erfahrungen zwingen mich dazu.«

Die Augen des Mannes nahmen einen leicht geistesabwesenden Aus­druck an. »Ah, ja. Der Besuch dieser zwei Black-Ops-Teams.«

MacTavishs Misstrauen war augenblicklich wieder geweckt. »Woher wissen Sie davon?«

»Morrisons Marodeure unterhalten sehr gute Beziehungen zu den Poli­zeidienststellen in der ganzen Solaren Republik«, erwiderte er rätselhaft.

»Was mich wieder zu Ihrem Einbruch bringt. Wie darf ich den verste­hen?«

»Ich bin es nicht gewohnt zu warten, daher habe ich mir erlaubt, mich selbst einzulassen.«

»Sie hätten einen Termin vereinbaren können.«

»MM ist Diskretion äußerst wichtig. Ich wollte nicht das Risiko einge­hen, dass jemand von diesem Treffen erfährt.« Pendergast schürzte die Lippen. »Die Sache auf Cascade ist jetzt über ein Jahr her. Wie sieht es derzeit mit Kontrakten für Ihre Leute aus?«

»Hervorragend«, log MacTavish.

»Aber natürlich«, lachte Pendergast. »Sie haben seit Cascade keinen Auftrag mehr an Land gezogen, was niemanden wundern kann. Sie haben sich gegen Ihren Auftraggeber aufgelehnt, haben seine Anlagen – die Sie eigentlich schützen sollten – sabotiert und sich einen Privatkrieg mit einer anderen Söldnereinheit geliefert. Wie hoch war die Strafe, die das SPS Ihrer Einheit aufgebrummt hat? Zwei Millionen? Wie es heißt, ist Sorenson immer noch dabei, den Betrag abzustottern. Die Riders erhielten für ihre Taten eine Strafe von acht Millionen und einen offiziellen Verweis in ihrer Akte beim SPS. Der Betrag wurde von den Verantwortlichen der Riders noch am selben Tag beglichen. Beneidenswert, über solche finanziellen Mittel zu verfügen, nicht wahr?«

»Die Sigma Riders sind Verbrecher. Wir taten, was notwendig war, um die Bevölkerung zu schützen.«

»Inzwischen nur noch Riders«, korrigierte Pendergast.

»Wie bitte?«

»Nach dem plötzlichen und nicht völlig unerwarteten Ableben des guten Max Sigma, nennen sie sich nur noch Riders.«

»Sigma ist tot?«

Pendergast hob eine Augenbraue. »Sie wussten das noch nicht? Ja, in der Tat. Der gute Max weilt nicht mehr unter den Lebenden. Ein Streit unter Häftlingen heißt es. Ein Messer zwischen die Rippen, und das war es dann mit dem ehemals glanzvollen Leben des großen Söldneranführers.«

MacTavish schnaubte. Sigmas Tod mochte vieles gewesen sein, doch sicherlich nicht nur das Ergebnis eines Streits mit einem Mithäftling.

Pendergast fixierte MacTavish mit festem Blick. »Das bringt mich auch schon zum Grund meines Hierseins. Ihre Taten auf Cascade haben einiges Aufsehen erregt. Mein Arbeitgeber – Colonel Ben Morrison – war äußerst beeindruckt.«

»Kann ich mir lebhaft vorstellen.«

»Sie missverstehen mich. Das war nicht sarkastisch gemeint. Er sieht Ihre Taten auf Cascade nicht in negativem Licht. Wenn Morrison eines schätzt, dann Integrität. Und die haben Sorenson und seine Leute unter Beweis gestellt, als sie für die Bevölkerung von Cascade einstanden.«

»Was genau heißt das jetzt?«

Pendergast zögerte, bevor er weitersprach. »Hin und wieder beauf­tragt Colonel Morrison andere Söldnereinheiten als Subunternehmer für Aufträge, die zu klein und unbedeutend sind, um die Aufmerksamkeit eigener Truppen von MM wert zu sein.«

MacTavish verzog leicht das Gesicht. »Oder nicht ganz astrein«, ver­vollständigte er die Aussage.

Pendergasts Gesichtszüge entgleisten. Zwar nur für einen Moment, doch es genügte, um MacTavish einen kurzen Blick auf die Person zu gewähren, die sich hinter der charmanten Maske verbarg. Was er sah, gefiel ihm kein bisschen. Pendergast war jähzornig und neigte ohne Zweifel zur Gewalt. Außerdem war er ein Mann, der ein Nein nicht gut wegstecken konnte. MacTavish wurde immer unwohler zumute.

»Was wissen Sie über die Freie Republik Condor?«, fragte Pendergast, der sich wieder voll unter Kontrolle hatte. Der Mann zeigte erneut die Maske des charmanten Gesprächspartners.

MacTavish runzelte die Stirn. »Eine Sternennation, etwa drei Parsec vom Königreich entfernt. Es besteht nur aus einem einzigen System mit nur einem einzigen bewohnten Planeten. Es handelt sich dem Namen nach um eine Demokratie unter Führung eines Präsidenten. Tatsächlich ist es eine der schlimmsten Diktaturen, die es gibt – soweit ich weiß.«

Pendergast räusperte sich. »Das ist eine unschöne, nichtsdestoweniger zutreffende Beschreibung. Staatsoberhaupt ist Präsident Gregory Saizew. Er führt Condor bereits seit gut fünfzig Jahren.«

»Und kam durch einen Militärputsch an die Macht.«

»Er lässt immerhin regelmäßig freie Wahlen durchführen.«

»Wahlen vielleicht, doch frei möchte ich mal bezweifeln. Und warum reden wir überhaupt über die FRC?«

»Sie ist der Kontrakt.«

MacTavish lehnte sich leicht zurück. Beide Augenbrauen wanderten in die Höhe. »Das kann unmöglich Ihr Ernst sein.«

»Es ist sogar mein voller Ernst. Die FRC besteht – wie Sie schon sehr richtig ausführten – aus nur einem System. Was glauben Sie, wie sich eine solche Nation – darüber hinaus auch noch eine Diktatur – über einen solchen Zeitraum halten konnte?«

MacTavish musste nicht lange überlegen. »Politik. Saizew hat einen Deal gemacht und wird geschützt.« Er legte leicht den Kopf zur Seite. »Von der Solaren Republik?«

»Und dem Vereinigten Kolonialen Königreich«, bestätigte Pendergast. »Mit welcher Gegenleistung?«, wollte MacTavish wissen.

»Die Solare Republik unterhält eine Militärbasis auf einem der Plane­ten des Systems und kann auf diese Weise die Nachbarschaft im Auge behalten. Die Beziehungen zum Königreich dürften ... nun ja, etwas kom­plizierter sein. Condor stand während des Bürgerkriegs aufseiten der Königstreuen. Was Condor für die Krone getan hat, das weiß ich nicht. Und ehrlich gesagt, interessiert es mich auch nicht sonderlich.«

MacTavish glaubte dem Mann kein Wort. Er kannte diesen Menschen­schlag. Die wussten immer mehr, als sie zugaben. Sie waren jedoch auch verschlossen, und sie zu bedrängen, war meistens nicht von Erfolg ge­krönt. Daher beschloss der ehemalige Agent, es dabei auf sich bewenden zu lassen. Stattdessen kam er auf einen Punkt zurück, der ihn an den Ausführungen seines Gegenübers besonders störte.

»Warum brauchen Sie uns, um den Kontrakt zu erfüllen? MM hat Waffen, Schiffe, Männer und eine Menge Geld.«

Pendergast lächelte schmal. »Etwas ist uns noch weit wichtiger als Integrität. Und das ist Reputation. Vor allem unsere eigene.«

MacTavish stieß ein bellendes Lachen aus. »Ich verstehe. Morrison will mit Condor nichts zu tun haben. Also schickt man uns. Eine Söldner­einheit, die keinen guten Ruf genießt, pleite ist und darüber hinaus auch noch verzweifelt.«

Pendergast nickte. »Ich will Sie nicht anlügen. Genauso ist es.«

»Und der Kontrakt?«

»Sieht lediglich Garnisonsdienst vor. Nichts weiter.«

»Garnisonsdienst ist ein weit gefächerter Begriff. Das kann bei einer Nation wie Condor viel bedeuten.«

»Ich verstehe Ihr Misstrauen, aber hören Sie sich erst einmal den Deal an, den Morrison Ihnen anbietet. Sie erhalten sechzig Prozent des verein­barten Honorars. Allein das wären fast vierzig Millionen Solare Dollar. Außerdem bezahlt Morrison das, was von Ihrer Strafe beim Schiedsge­richt Privater Sicherheitsdienste noch übrig ist. Über wie viele Schiffe verfügen die Skulls derzeit? Drei Schiffe, die Cascade überlebt haben und noch vier schwer beschädigte ehemalige Riders-Schiffe, die sie nach der Schlacht bergen durften? Morrison gewährt ihnen Zugriff auf seine nicht unerheblichen Flotteneinheiten. Er überlässt ihnen für die Zeit des Kontrakts dreißig seiner Schiffe. Nach Beendigung des Kontrakts erlaubt er Ihnen, diese Schiffe für einen geringen Restwert käuflich zu erwerben. Ihr Honorar wird locker doppelt und dreifach dafür ausreichen. Außer­dem erhalten Sie einen Vorschuss, der es Sorenson erlaubt, die Schiffe mit erfahrenen Besatzungen zu bemannen. Die Skulls wären auf einen Schlag aus dem Schneider. Mit nur einem gut bezahlten Deal.«

»Klingt gut«, meinte MacTavish. »Zu gut, um wahr zu sein.«

Pendergast leckte sich über die Lippen. »Wir können jetzt noch ewig das Für und Wider meines Angebots diskutieren, doch wir beide wis­sen, dass Sie es am Ende annehmen werden. Die Skulls haben keine andere Wahl. Ich lege Ihnen nahe, besprechen Sie das erst einmal mit Sorenson. Er weilt zurzeit auf der Erde, wie ich hörte. Auf der Suche nach einer neuen Geldquelle. Ich biete Ihnen diese Quelle auf dem Silbertablett.«

»Fünfundvierzig«, brachte MacTavish unvermittelt hervor.

»Wie bitte?« Pendergast runzelte die Stirn.

»Wir wollen für den Einsatz fünfundvierzig Schiffe von Morrison.« Pendergasts Augenbrauen wanderten in die Höhe. »Sie feilschen bei einem so guten Deal? Wirklich?«

MacTavish lächelte. »Das ist mein Job.«

Der Mann dachte einen Augenblick darüber nach und nickte schließ­lich. »Einverstanden.«

MacTavish ließ sich eine Überraschung nicht anmerken. Er hatte nicht erwartet, dass sein Gast darauf eingehen würde. Zumindest nicht so schnell.

Dieser erhob sich und schlenderte zur Tür. MacTavish achtete darauf, dass seine Neunmillimeter stets in Richtung des Mannes deutete. Er traute dem Kerl immer noch kein bisschen.

Pendergast öffnete die Tür. »Denken Sie darüber nach. Aber nicht zu lange. Ich erwarte Ihre Antwort vor Ende des Monats.« Er legte groß­spurig eine Visitenkarte auf den kleinen Beistelltisch links der Eingangs­tür.

Pendergast wandte sich noch kurz um. »Ich habe mir erlaubt, die ausstehende Miete für Ihr Büro heute Morgen zu begleichen. Außer­dem noch für die nächsten sechs Monate. Sehen Sie es als kleinen, nicht zurückzuzahlenden Bonus im Vertrauen auf zukünftige, fruchtbare Ge­schäftsbeziehungen.«

MacTavish war wie vom Donner gerührt. Pendergast wartete gar nicht erst auf eine Antwort. Er verließ das Büro und zog die Tür geräuschlos hinter sich ins Schloss.

»Sie wissen aber schon, wer das war?«, meinte Ozzy nachdenklich. MacTavish stutzte. »Nein. Wer?«
»Sie sollten mal öfters Zeitung lesen. Pendergast ist Gouverneur der Präfektur Eurasien und somit einer der aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Präsidenten, sobald die nächsten Wahlen abgehalten werden. Pendergast ist, kurz gesagt, einer der einflussreichsten Politiker der Solaren Republik.«

MacTavish runzelte die Stirn. Die Präfektur Eurasien setzte sich aus den Kontinenten Europa und Asien zusammen. Als Gouverneur gebot Pendergast somit über die größte Landmasse auf dem Heimatplaneten der Menschheit, was ihm tatsächlich enormen Einfluss verschaffte.

»Warum tritt so jemand als Handlanger einer Söldnereinheit auf?«, fragte MacTavish mehr zu sich selbst.

»Jeder Politiker von Rang in der Solaren Republik ist praktisch auch Lobbyist«, belehrte Ozzy ihn. »Das Solsystem ist eigentlich nur dem Namen nach eine Demokratie. Sie wird im Prinzip von Konzernen und Firmen regiert. Man kann hier gar nicht aufsteigen, ohne Kontakte zu den profitabelsten Firmen zu unterhalten.«

»Du meinst, die Aufgabe, uns anzusprechen, wurde ihm aufs Auge gedrückt?«

»Ich würde es nicht ausschließen.«

MacTavish schnaubte amüsiert. »Armes Schwein! Na wenigstens be­zahlt er unsere Miete für ein paar Monate.«

»Dann bleibt uns wohl vorläufig ein Umzug erspart«, meinte Ozyman-dias heiter. »Was halten Sie von der Sache, Boss?«

MacTavish atmete hörbar auf. »Nicht viel. Aber er hat recht. Ich glau­be nicht, dass wir eine große Wahl haben. Verbinde mich sofort mit Sorensons Büro. Er wird davon umgehend erfahren wollen.«

Tucker Dawson, CEO von Dawson Interstellar Mining, rieb sich die schmerzende Stelle rund um seine linke Augenhöhle. Sie entzündete sich immer noch von Zeit zu Zeit.

Der Industrieelle öffnete eine Schublade seines Schreibtisches, holte eine Tube hervor und strich etwas Salbe darauf. Er war froh, allein zu sein. Der Vorgang an sich hatte immer etwas Entwürdigendes an sich. Mal ganz davon abgesehen, dass er wie ein Idiot aussah, wenn er mit dem Gesicht voller Salbe herumlief.

Dawson stand auf und ging zu dem großen Fenster, das fast die ganze Rückseite seines Büros ausmachte. Von hier aus hatte er einen fantas­tischen Blick über Chicago. Er fühlte sich hier mächtiger noch als der mächtigste König.

Herrscher kamen und gingen, doch was immer blieb, waren Konzerne. Sie lenkten eigentlich die Geschicke von Nationen und Königreichen. Bei der Solaren Republik war das nicht anders. Den meisten Menschen war dies gar nicht klar.

Die Konzerne lenkten die Regierungen und der Zirkel lenkte die Kon­zerne. Seine Stimmung verdüsterte sich schlagartig. Seine Hand tastete unbewusst zu seinem linken Auge.

Es war ihm ausgestochen worden. Von Zeus’ Lieblingsauftragskiller höchstpersönlich. Der Schmerz war noch nicht mal das Schlimmste gewe­sen. Scham und Erniedrigung hatten tief in Dawsons Fleisch geschnitten – und seine Seele. Tiefer, als es das Messer des Assassinen je gekonnt hätte.

Die besten Ärzte der Solaren Republik hatten ihm ein Implantat an­gepasst. Es saß nun dort, wo sein natürliches linkes Auge gewesen war. In vielerlei Hinsicht war das Implantat sogar besser als das Auge, das er verloren hatte. Doch das spielte kaum eine Rolle. Man hatte ihm etwas Wichtiges genommen. Seine Hände verkrampften sich, ballten sich an den Seiten zu Fäusten.

Dabei war der Verlust des Auges noch nicht einmal die Strafe für die Sache auf Cascade. Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinn. Es war die Strafe dafür, dass Dexter Blackburn im Verlauf der Kämpfe beinahe getötet worden war.

Zeus war ob dieser Tatsache überaus wütend gewesen. Er hatte noch Pläne mit dem Mann, hatte er gesagt. Dexter Blackburn müsse unbedingt am Leben bleiben, hatte er gesagt. Wer Blackburn etwas antue, würde umgehend und in adäquater Weise bestraft werden, hatte er gesagt.

Bei der ersten Nachbesprechung hatte Zeus ihn noch davonkommen lassen und hatte ihm das Gefühl gegeben, es wurde ihm verziehen. Der Mann besaß eine grausame Ader.

Erst Wochen später hatte Zeus Dawson von Angel abholen und in sein privates Domizil bringen lassen. Er hatte keine Ahnung, wo das gewesen sein mochte. Nur, dass es auf der Erde war, in diesem Punkt war er sich sicher. Der Flug hatte nicht allzu lange gedauert. Zeus hatte erst einen ewig langen Monolog gehalten über Pflichterfüllung, den Nutzen einer Befehlskette und unbedingten Gehorsam. Und dann hatte er seinem Assassinen Angel befohlen, Dawson dies klarzumachen.

Der in eine Maske gehüllte Assassine hatte wortlos sein Messer ge­zogen und sich an die Arbeit gemacht. Ohne Zögern, ohne Reue, ohne Bedauern – und Dawson hatte sich die ganze Zeit die Seele aus dem Leib geschrien.

Mit Unbehagen erinnerte er sich daran, wie er vor Zeus auf dem Boden herumgerutscht war, das Gesicht voller Blut. Es tropfte auf den Boden und bildete dort eine Lache. Er hatte sich vielmals entschuldigt. Seine Stimme hatte sich vor Entschuldigungen beinahe überschlagen.

Dawson richtete sich auf. Nein, das Wort Entschuldigung traf es nicht ganz genau. Er hatte um sein Leben gewinselt. Dieser Umstand erfüllte ihn mit so unglaublich großer Scham, dass er seither an fast nichts anderes denken konnte.

Doch trotz all der Erniedrigung und des Schmerzes arbeitete Dawsons Verstand ungebrochen. Zeus konnte den Industrieellen nicht täuschen. Er hegte den Verdacht, dass Zeus irgendein privates Interesse an Blackburn verfolgte. Irgendetwas verband die zwei und Zeus wollte nicht, dass jemand davon erfuhr.

Dawson hatte keine Ahnung, wer Zeus war. Es gab niemanden, der das wusste. Doch wenn Zeus Blackburn am Leben sehen wollte, war das für Dawson Grund genug, ihn tot sehen zu wollen. Zeus hatte ihm etwas Wichtiges genommen und Dawson würde diesen Gefallen erwidern.

Dawson hob stolz den Kopf und betrachtete nachdenklich die Skyline von Chicago. Ja, Blackburn würde sterben. Doch es musste raffiniert über die Bühne gehen. Nicht der kleinste Verdacht durfte auf ihn hinweisen, ansonsten würde er das nächste Mal wesentlich mehr verlieren als nur ein Auge.

Dawson rümpfte die Nase. Ein Plan reifte in seinem Geist. Er war riskant, aber durchführbar. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Und vielleicht, würde er am Ende sogar Zeus’ Platz einnehmen. Das wäre ein angenehmer Nebeneffekt in seinem Racheplan. Seine Zähne blitzten weiß auf, als sich sein Mund zu einem leisen Kichern öffnete.

Teil I

Auf zu neuen Ufern ...
13. März 2644

Dexter Blackburn rollte sich schwer atmend zur Seite und lächelte selig. »Das war wirklich ... entspannend«, sagte er und warf seiner derzeitigen Gespielin einen kurzen Blick zu, den diese erröten ließ.

»Wirklich, Dex«, erwiderte die Frau sarkastisch. »Du sagst immer so romantische Sachen.«

Cassandra stand auf und begab sich ins Badezimmer, um eine Dusche zu genießen. Ihr Körper glänzte vor Schweiß. Doch gerade das betonte die Rundung ihrer Pobacken auf außergewöhnlich sinnliche Weise. Dexter kannte noch nicht einmal ihren Nachnamen. Er hatte sie in einer Bar nahe dem Hauptsitz des SPS kennengelernt. Die Bar wurde größtenteils von Söldnern besucht und er schätzte, sie gehörte zu diesen Söldnergroupies, die sich von Zeit zu Zeit ein Abenteuer mit diesem hartgesottenen Men­schenschlag gönnten, um später damit vor ihren Freundinnen anzugeben. Sie betonten dann vermutlich, was für ein gefährliches Leben sie führten, indem sie sich mit gefährlichen Männern einließen.

Dexter sollte es recht sein. Die vergangene Nacht war die erste in den letzten Monaten gewesen, in der er einfach nur entspannen und die Probleme der vergangenen Zeit vergessen konnte.

Als sie die Tür zum Badezimmer erreichte, warf sie ihm noch einen letzten Blick über die Schulter zu. Er wirkte auf ihn überaus verführerisch. Dexters Blick fiel auf Cassandras auffallendes Tattoo. Es erstreckte sich von ihrem rechten Schulterblatt bis hinunter zur linken Pobacke und zeigte ein seltsames, von Flammen umrahmtes Wesen. Am ehesten konnte man es mit einer Mischung aus einem Drachen und einem Schmetterling beschreiben.

Cassandra verschwand durch die Tür. Ihre nackten Füße verursach­ten ein sanftes Tipptapp auf den Fliesen. Nur Sekunden später vernahm Dexter den steten Wasserguss aus der Dusche. Er lächelte. Ihm kamen einige Gedanken, was er jetzt tun könnte, wenn er sich zu ihr ins Bade­zimmer begab.

Dexters Uniform lag auf dem Boden neben dem Bett. Zum Zusammen­legen war gestern Abend keine Zeit mehr geblieben. Er lächelte süffisant, stand auf und hob die Uniformjacke auf. Sein Lächeln schwand etwas, als er das Emblem der Einheit auf dem Ärmel musterte.

Nach der Sache auf Cascade hatte Sorenson das Emblem leicht ändern lassen. Der Admiral hatte dem Totenkopf den bisher fehlenden Unterkie­fer hinzugefügt. Man musste ganz genau hinsehen, doch dann erkannte man, dass der Unterkiefer aus den Namen aller Skull-Söldner bestand, die auf Cascade gefallen waren. Es war eine ständige Erinnerung und Mahnung an die Opfer, die sie gebracht hatten. Und auch jetzt, über ein Jahr später, fiel es Dexter sehr schwer, den damals ausgefochtenen Kampf als Sieg zu bezeichnen. Allerhöchstens war es ein Unentschieden gewesen.

Der Kommlink auf dem Nachtisch piepte aufdringlich und unterbrach seine Pläne zur Gestaltung des weiteren Morgens. Er verzog mürrisch das Gesicht, nahm das Gerät auf und befestigte es hinter seinem Ohr.

Dexter begab sich zum Fenster. Die Skyline von Sao Paolo erstreckte sich vor ihm. Die aufgehende Sonne beleuchtete die Szenerie auf maleri­sche Art und Weise. Normalerweise hätte er diesen Ausblick genossen. Es gab jedoch nicht viele Menschen, die seinen Kommlink-Code kannten, und die wenigstens von ihnen befanden sich derzeit auf der Erde.

Mit kurzer Berührung des rechten Zeigefingers aktivierte er das Gerät. »Ich hoffe, es ist wichtig, Oscar.«

Admiral Oscar Sorenson lachte kurz. Er war nicht überrascht, dass

Dexter bereits wusste, wer ihn anrief. »Ich hoffe, ich störe nicht.« »Würde es das Gespräch schnell beenden, wenn ich doch sage?« »Nicht im Geringsten«, erwiderte sein Vorgesetzter amüsiert. »Ich

hoffe, sie war gut. Wer auch immer sie ist.«

Dexter schmunzelte. »Ich kann nicht klagen. Solltest es auch mal probieren. Du könntest wider Erwarten sogar Spaß dabei haben.« »Dafür bin ich nicht der Typ. So was überlass ich dir.«

»Wie du meinst. Und was verschafft mir die Ehre deines frühmorgend­lichen Anrufs?« 

Schlagartig wich die Heiterkeit aus Sorensons Stimme. »Es gibt etwas zu besprechen. Wir haben vielleicht einen neuen Auftrag. Über den sollten wir uns ausführlich unterhalten.«

Dexter grinste. »Das wurde auch Zeit.«

Sorenson antwortete nicht und Dexter runzelte die Stirn. »Ein neuer Auftrag, ein neuer Klient ... das ist doch gut.« Wiederum erfolgte keine Antwort. Dexter neigte leicht den Kopf zur Seite. »Oder etwa nicht⁈«

»Ich bin mir da nicht so sicher. Wie gesagt, wir müssen uns unterhal­ten.«

Dexter nickte, wurde sich dann jedoch bewusst, dass Sorenson ihn ja nicht sehen konnte. »Wann und wo?«

»In meinem Hotel. In einer Stunde.«

»Verstanden. Ich werde da sein.«

»Ausgezeichnet. Und sei nicht zu grausam zu deinem kleinen Betthäs­chen, wenn du sie abservierst.«

»Bin ich das je gewesen?«, lachte Dexter und kappte die Verbindung, ehe Sorenson darauf antworten konnte. Dexter überlegte kurz. Sein alter Freund hatte sich seltsam angehört, wenn man bedachte, dass die lan­ge Durststrecke der Skulls vorbei sein könnte. Er vertraute Sorensons Instinkten. Der Silberstreif am Horizont war vielleicht gar keiner.

Durch den dichten Nebel seiner wandernden Gedanken drang erneut das Geräusch von Wasser, das auf Fliesen klatschte. Dexter grinste und wandte sich leicht um.

»Wer hat hier eigentlich was von abservieren gesagt?«, flüsterte er leise. »Eine Stunde ist mehr als genug Zeit.« Mit beschwingtem Gang schlenderte er ins Badezimmer, um seine vor dem Anruf gefassten Pläne in die Tat umzusetzen.

Dexter war nicht der Einzige, der sich körperlichen Gelüsten hingab. Melanie St. John, die Geheimdienstoffizierin der Skulls, bückte sich leicht und legte ein Bündel Geldscheine auf den Nachtisch.

Der braun gebrannte brasilianische Callboy schlief noch tief und fest. Das Spiel seiner Muskeln ließ Erinnerungen an die vergangene Nacht wach werden und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.

Für einen winzigen Augenblick überlegte sie, sich wieder auszuziehen und ihn zu wecken. Sie entschied sich jedoch dagegen und schob den Gedanken entschlossen beiseite. Sie war befriedigt und das reichte. Sex war für sie ein Mittel zum Zweck. Es setzte Endorphine frei, sorgte für Entspannung und ließ Menschen effizienter arbeiten.

Melanie war kein Beziehungsmensch. Sie war nie einer gewesen. Es wäre ein Leichtes für sie gewesen, jemanden kennenzulernen. Überall und zu jeder Zeit. Doch sie zog die Unkompliziertheit einer geschäftlichen Vereinbarung den Zwängen einer festen Beziehung vor.

Sie hatte es vor ihrer ernsthaften militärischen Karriere mehrmals versucht, war sogar einmal verheiratet gewesen. Eine Zeit lang hat­te es funktioniert. Sie war sogar versucht zu sagen, sie wäre glück­lich gewesen. Doch es war immer demselben Muster gefolgt und hatte kläglich und für beide Seiten schmerzhaft geendet. Dieser Job – egal ob bei einer Söldnereinheit oder im regulären Militärdienst – fraß Be­ziehungen. Und anschließend würgte er sie wieder hoch, nur um sie auszuspucken. Nein, es war besser, sich zu nehmen, was man brauch­te, und sich anschließend wieder auf die eigene Aufgabe zu konzen­trieren.

Sie begab sich zur Tür und warf ihrem Gespielen auf Zeit einen letzten sehnsüchtigen Blick zu. Sie lächelte erneut. Es war wirklich nett gewesen. Sie öffnete die Tür und war nicht überrascht, den wartenden Brubaker vorzufinden. Manchmal überkam sie tatsächlich der Eindruck, er wäre weniger ihr Freund und Kollege, sondern vielmehr ein Wachhund, der sie beschützte. Letzteres behagte ihr ganz und gar nicht.

»Guten Morgen, Michael!«, grüßte sie ihn gut gelaunt. Er erwiderte die Floskel mit einem Nicken und einem spöttischen Lächeln. Er wusste ganz genau, wer da in ihrem Bett lag.

»Frag nicht«, wies sie ihn an.

Brubaker machte eine betont unschuldige Geste, zog jedoch eine Au­genbraue hoch. Melanie verzog die Miene. »Es war ganz nett«, erwiderte sie auf die unausgesprochene Frage. Brubaker sprach immer noch nicht viel, doch wer mit ihm eine Weile zu tun hatte, der verstand es gekonnt, seine Körpersprache und Mimik zu interpretieren.

Mit einem Kopfnicken deutete er auf das Zimmer, das sie soeben ver­ließ. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, lass ihn schlafen. Das Zimmer ist noch bis heute bezahlt. Außerdem hab ich dafür gesorgt, dass er die Minibar plündern kann, sobald er aufwacht. Es wird von meinem Konto abgebucht.« Sie grinste über das ganze Gesicht. »Hat er sich redlich verdient.«

Brubaker zuckte die Achseln und die beiden schlenderten gelassen den Korridor hinab. Melanie warf ihrem Begleiter einen kurzen Blick zu. Sie bemerkte die Anspannung seiner Schultern und den verkniffenen Zug um seine Mundwinkel. Die oberen Knöpfe seines Hemds waren geöffnet. Ihr Blick wanderte nach unten zu der Narbe, die leicht hervorlugte. Sie wusste, dass sie fast zehn Zentimeter lang war. Sie stammte vom letzten Gefecht mit den Riders auf Cascade. Sie wären beinahe überrannt worden, als die Sturmtruppen der Riders die Tunnelanlage stürmten. Brubaker hatte das Schrapnell einer Granate abbekommen und nur knapp überlebt. Viele andere hatten weniger Glück gehabt.

Brubaker bemerkte ihren Blick und schloss eilig die oberen Knöpfe. Ihm war die Narbe peinlich und er verdeckte sie, so gut es ging.

Melanie gab vor, von alldem nichts zu bemerken. Das Einzige, was sie für ihren Freund in dieser Hinsicht tun konnte, war, ihm seine Würde zu lassen.

»Und? Was liegt an?«, wollte sie stattdessen wissen.

Brubaker schnaubte.

Melanie grinste als Antwort. »Also der Admiral will uns sehen. Schon eine Ahnung, um was es geht?«

Brubaker schüttelte den Kopf. Sie setzten den Rest des Weges schwei­gend fort. Der Einfachheit halber waren sie im selben Hotel untergekom­men wie Sorenson, wohingegen Blackburn auf eigenen Wunsch eines bezogen hatte, das einige Straßenzüge entfernt lag.

Melanie vermutete, er wollte nicht, dass seine Kameraden etwas von seinen Eskapaden mitbekamen. Die Geheimdienstoffizierin schüttelte leicht den Kopf. Ihr persönlich war so etwas völlig egal, solange jemand seine Pflichten nicht vernachlässigte. Sie selbst machte ja auch keinen Hehl aus ihren Abenteuern. Um ehrlich zu sein, war sie sogar ein bisschen stolz darauf.

Sie bestiegen einen Aufzug und bereits wenige Sekunden später stiegen sie im Foyer wieder aus. Melanie erkannte Sorenson auf der gegenüber­liegenden Seite des Raumes und wollte sich ihm bereits zu erkennen geben. Brubaker hielt sie gerade noch rechtzeitig zurück. Auf ihren ver­wirrten Gesichtsausdruck hin bedeutete er ihr, still zu sein und sich normal zu verhalten. In diesem Augenblick erkannte sie, dass etwas nicht stimmte.

Oscar Sorenson bemerkte im selben Moment, dass er unter Umständen in Schwierigkeiten steckte. Drei völlig normal gekleidete und unauffällige Männer näherten sich ihm von verschiedenen Seiten. Der geübte Blick des Admirals erkannte, dass das Verhalten der Männer – so unscheinbar es auf den ersten Blick auch wirkte – aufeinander abgestimmt war. Sie arbeiteten zusammen, um ihn zu isolieren.

Sorensons geübter Blick tastete den nächsten der Männer ab. Der einfa­che Anzug war im Bereich der Achsel ausgebeult. Der Kerl war bewaffnet. Im Königreich wäre das kein Grund für Stirnrunzeln gewesen, doch die Waffengesetze der Solaren Republik waren äußerst streng. Waffen in Pri­vatbesitz waren nicht gestattet, geschweige denn das Tragen derselben in der Öffentlichkeit. Sorenson respektierte die hiesigen Gesetze – und trug dementsprechend keinerlei Waffen bei sich.

Die Männer nahmen ihn wie selbstverständlich in die Mitte. Sie taten dies so gekonnt und unauffällig, dass keiner der anderen Hotelgäste Anstoß daran nahm oder den Vorgang überhaupt bemerkte.

Der Mann, den er für den Anführer hielt, lächelte freundlich. »Admiral Sorenson? Würden Sie uns bitte begleiten?«

Sorenson lächelte zurück. »Ihre Frage impliziert, ich hätte eine Wahl.«

Das Gesicht des Mannes fror leicht ein. »Ich versichere Ihnen, dem ist nicht so. Es wird Ihnen natürlich nichts geschehen. Es will sich jemand lediglich mit Ihnen unterhalten.«

»Darf ich auch fragen, wer?«

»Geduld. Das erfahren Sie in ein paar Minuten. Er ist hier im Hotel.«

Sorenson schürzte die Lippen – und nickte. Wie der Mann schon sagte, es blieb ihm keine Alternative. Sollte er eine Szene machen, befürchtete er, würden die Männer Gewalt einsetzen, und es gab hier zu viele Unbe­teiligte. Unter anderem eine Menge Frauen und Kinder. Sorenson wollte keinen von ihnen einer unnötigen Gefahr aussetzen.

Die Männer führten ihn davon. Sorensons Blick glitt durch die Lobby und blieb auf zwei Gestalten hängen, die sich geschickt in der Menge verbargen. Beide machten den Eindruck, eingreifen zu wollen. Sorenson schüttelte beinahe unmerklich den Kopf und St. John sowie Brubaker blieben teilnahmslos. Er hoffte, sie wären besonnen genug, ihm nicht zu folgen. Andererseits kannte er sie gut genug, um es besser zu wissen.

Das Trio führte ihn in den fünften Stock des Hotels, wo sie vor dem Zim­mer mit der Nummer neununddreißig anhielten. Der Anführer klopfte leicht. Seine ganze Haltung drückte tiefsten Respekt aus.

Sorenson hörte niemanden antworten, doch der Mann öffnete wie auf eine stumme Aufforderung hin die Tür. Vermutlich hatte ihm jemand über Kommlink die Anweisung gegeben.

Sorenson wollte eintreten, blieb jedoch auf der Türschwelle wie an­gewurzelt stehen, als er erkannte, um wen es sich bei seinem Gastgeber handelte. Die drei Männer warteten angespannt, bis sich Sorenson so weit von seinem Schock erholt hatte, dass er den Raum betreten konnte. Sie schlossen nahezu geräuschlos die Tür hinter ihm, wobei sie außerhalb des Hotelzimmers blieben.

Sorenson musterte seinen Gastgeber einen ausgiebigen Moment lang, bevor er langsam und gemessen den Kopf senkte.

»Euer Lordschaft«, begrüßte er den Mann respektvoll.

Admiral Lord Simon Connors erhob sich langsam von dem edlen Di­wan, auf dem er gesessen hatte. Der oberste Chef aller Geheimdienste und verdeckten Operationen des Königreichs lächelte beruhigend.

»Es ist schön, Sie wiederzusehen, Oscar. Es ist viel zu lange her. Ich entschuldige mich für die Art und Weise, wie dieses Treffen zustande kommt.«

Sorenson räusperte sich. »Ich wusste nicht, dass Sie sich innerhalb der Solaren Republik aufhalten, geschweige denn auf der Erde.«

Connors Gesicht zeigte ein schmales Lächeln. »Und so soll es auch sein.« Der Geheimdienstchef deutete auf das Sofa gegenüber. »Bitte. Nehmen Sie doch Platz. Eine Erfrischung? Kaffee? Mineralwasser? Einen Saft? Oder etwas Stärkeres, falls Ihnen der Sinn danach steht?«

Sorenson setzte sich steif. Das Sofa war überaus bequem, trotzdem blieb der Körper des Söldnerkommandanten angespannt. Er schüttelte wortlos den Kopf. »Es wäre mir lieber, wenn wir zum Thema kommen könnten.«

Connors lächelte. »Prägnant und auf den Punkt wie immer. Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen? Zwei Jahre?«
»Fast vier«, korrigierte Sorenson.

Connors Lächeln schwand etwas. »Fast vier«, wiederholte er in einem Tonfall, als müsse er diese Information erst einmal selbst geistig verarbei­ten. »Ich habe Sie viel zu lange nicht aufgesucht. Beinahe habe ich das Gefühl, ich hätte Sie vernachlässigt.«

Ein Kloß drohte sich in Sorensons Hals zu bilden. Er konnte nur mit Mühe verhindern, es sich anmerken zu lassen. Wenn sich jemand wie Connors an einen erinnerte und dann auch noch selbst den Weg auf sich nahm, diese Person persönlich aufzusuchen, dann bedeutete das selten etwas Gutes.

Connors hob leicht den Kopf. »Holo-TV an. Kanal siebzehn«, befahl er mit fester Stimme. Die KI der Suite reagierte augenblicklich. Der Fern­seher ging an und zwischen den beiden Männern baute sich ein Ho­logramm mit einer fantastischen Auflösung auf. Man hatte förmlich das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Sorenson rückte neugierig näher.

Auf Kanal siebzehn lief gerade eine hitzige Debatte im Parlament des Vereinigten Kolonialen Königreichs. Ober- und Unterhaus lieferten sich heftige Wortgefechte. Einige der Begriffe, die fielen, waren nach Sorensons Dafürhalten nicht dafür geeignet, in einem politischen Haus ausgesprochen zu werden.

Sorensons schielte mit einem Auge auf die Zeitangabe und stellte über­rascht fest, dass es sich nicht um eine Aufzeichnung handelte. Es war ein Livestream, der mit nur wenigen Minuten Zeitverzögerung über ei­ne Satellitenstafette direkt aus dem Königreich auf die Erde übertragen wurde. So etwas war enorm teuer und nicht gerade an der Tagesord­nung.

Connors ließ ihn eine Weile gewähren, bevor er sich ebenfalls vorbeug­te und auf das Hologramm deutete. »Wissen Sie, wovon dort die Rede ist?«

Sorenson lehnte sich wieder zurück und schürzte die Lippen. »Das neue Gesetz.«

Connors nickte. »Sie haben davon gehört?«

Sorenson nickte. »Alle Söldner haben davon gehört. Das Kartellamt hat sich sogar eingemischt und gegenüber dem Parlament seine Beden­ken geäußert. Im Prinzip hebt das neue Gesetz die Beschränkungen für Söldnereinheiten auf. Sowohl was die personelle als auch die materiel­le Stärke betrifft. Falls eine Söldnereinheit genügend Geld hat, könnte sie eine Streitmacht aufbauen, die der kleinerer Nationen Konkurrenz machen könnte.«

Connors nickte. »In der Tat. So ist es. Und nicht nur das Kartellamt macht sich darüber Sorgen.« Der Geheimdienstchef zögerte. »Auch der König.«

Sorenson hob den Kopf. »Tatsächlich?«

Connors nickte abermals. »In den letzten Monaten sind uns besorgnis­erregende Dinge aufgefallen.« Connors schürzte die Lippen, was Soren-son zu tiefem Stirnrunzeln veranlasste.

»Welcher Art?«, fragte der Söldnerkommandant.

»Die Mehrheit im Parlament war vor gut einem Jahr noch konsequent gegen ein solches Gesetz. Doch das Kräfteverhältnis kippt immer mehr. Abgeordnete ändern plötzlich ihre Meinung. Einige verfügen mit einem Mal über ungewohnt hohe finanzielle Mittel, andere haben ihre Sicherheit verstärkt.«

Sorenson schürzte die Lippen. »Sie denken, die wurden bedroht oder bestochen.«

»Oder beides«, bestätigte Connors. »Der König hat meinen diesbezüg­lichen Bericht mit großem Missfallen zur Kenntnis genommen.«

»Und was unternimmt Seine Majestät dagegen?«

Connors hob den Kopf. »Falls das Gesetz beschlossen wird, hat er vor, sein Veto dagegen einzulegen.«

Sorenson hob beide Augenbrauen. Er war kaum in der Lage, seine Überraschung zu verbergen. Das Vereinigte Koloniale Königreich war im Prinzip eine konstitutionelle Monarchie. Doch sie gewährte der Mon­archie größere Freiheiten, als dies in einer solchen Regierungsform ge­meinhin üblich war. Der König behielt das Recht in wichtigen Belangen, wie zum Beispiel militärischen Dingen, Gesetze durch sein Vetorecht zu blockieren.

So etwas kam allerdings nur äußerst selten vor, da die Inanspruch­nahme dieses Rechts das politische Leben im Königreich gehörig aus den Fugen geraten ließ. Sorenson meinte sich zu erinnern, dass dieses Recht von einem Monarchen in den letzten dreihundert Jahren nur zwei­mal ausgeübt worden war. Und beide Male hatte es einen Aufruhr in der Öffentlichkeit und eine Regierungskrise gegeben. Wenn der König tatsächlich über diesen Schritt nachdachte, dann musste die Lage ernst sein.

»Was sagt der Premierminister dazu?«

Connors schnaubte. »Petrow? Versucht sich nach Möglichkeit nicht festzulegen, um im Fall der Fälle sein Fähnlein nach dem Wind zu hängen. So wie immer.«

»Manche Dinge ändern sich nie.«

Connors seufzte. »Ja, dieser Satz fasst es recht gut zusammen.« Sorenson leckte sich über die Lippen. »Und was hat das alles mit mir zu tun?«

Connors maß ihn mit festem Blick, bevor er antwortete. »Einfach alles, um genau zu sein. Es gibt mehrere Söldnereinheiten, die bereits Gewehr bei Fuß stehen und nur darauf warten, dass das Gesetz verabschiedet wird. Einige bekannte Einheiten haben vor zu fusionieren, um ihre Ressour­cen zusammenzulegen.« Connors machte eine dramatische Pause. Falls überhaupt möglich, intensivierte sich sein Blick noch, der weiterhin auf Sorenson gerichtet blieb. »Wussten Sie, dass die Riders sowie Morrisons Marodeure dazugehören?«

Sorenson merkte auf. »Die Sigma Riders und die Marodeure wollen sich zusammenschließen?«

Connors grinste spöttisch. »Inzwischen nur noch Riders, nachdem der gute Sigma nicht mehr ist. Aber ja. Die beiden Einheiten würden gemeinsam eine überaus gefährliche Machtbasis bieten. Sie haben sogar schon einen Namen: das Konsortium. Durch das neue Gesetz werden viele der kleineren Söldnereinheiten Farbe bekennen müssen. Um zu überleben, werden sie sich größeren anschließen. Vieles deutet darauf hin, dass eine erhebliche Anzahl vorhat, beim Konsortium um Aufnahme zu bitten, sollte es hart auf hart kommen. Das Konsortium könnte eine erhebliche Machtbasis innerhalb des Königreichs aufbauen. Es gibt sogar schon interessierte Auftraggeber: Die Grafschaften Rayat und Onbele haben Interesse angemeldet. Möglicherweise auch Beltaran.«

Sorensons Kopf zuckte hoch. Connors lächelte. »Ganz recht. Dexter Blackburns Heimatwelt.«

Sorensons Gedanken arbeiteten fieberhaft. »Wozu benötigt eine Graf­schaft innerhalb des Königreichs ein solches Militär?«

Connors antwortete nicht, zuckte lediglich die Achseln. Er überließ es seinem Gesprächspartner, die nötigen Schlussfolgerungen selbst zu ziehen. Und keine war besonders angenehm.

Sorensons Augenbrauen zogen sich über der Nasenwurzel zusammen. Er sah die Dinge plötzlich in völlig neuem Licht. Die Riders waren der brutale Arm des Zirkels. Und während der Mission auf Cascade hatten sie herausgefunden, dass der Zirkel im Geheimen eine Flotte und eine Armee aufstellten – eine äußerst gut bewaffnete obendrein.

Falls Connors also recht hatte, war es sehr gut möglich, dass der Zirkel das Parlament beeinflusste und in eine Richtung lenkte, an deren Ende das Gesetz verabschiedet wurde. Von diesem Moment an mussten sie ihre wahre Stärke gar nicht mehr verheimlichen, denn ihr Vorgehen wurde durch das neue Gesetz legitimiert. Der Zirkel wollte größere Macht in­nerhalb des Königreichs. Wenn sich drei Grafschaften für das Konsortium interessierten, war es sehr gut möglich, dass der Zirkel dort bereits Wur­zeln geschlagen hatte. Das Krebsgeschwür, das innerhalb des Königreichs wucherte, war bereits größer, als irgendjemand für möglich gehalten hatte.

Sorenson sah auf und musterte sein Gegenüber. Wusste Connors von den Taten und Verwicklungen des Zirkels? Vielleicht. Eigentlich sogar wahrscheinlich. Was wiederum die Frage aufwarf, was er wirklich hier wollte.

Während des Kampfes um Cascade, hatten die Skulls vor der Auslö-schung gestanden. Dexter hatte quasi in letzter Sekunde einen Deal mit dem geheimnisvollen Zeus geschlossen. Das Schweigen der Skulls im Gegenzug für das Überleben der Einheit sowie die Sicherheit Cascades. Lediglich Dexter Blackburn, Sorenson und ausgewählte Mitglieder der Führungsriege wussten davon. Und bei diesem erlesenen Kreis von Ein­geweihten sollte es auch bleiben. Die Skulls hatten sich daran gehalten – und Zeus ebenso.

Der Zirkel war keine Institution, mit der man sich leichtfertig anlegte. Sorenson hatte den Eindruck, Zeus müsse lediglich die Hand ausstre­cken und die Söldner wie eine lästige Fliege zerquetschen. Insgeheim waren Sorenson, Dexter und MacTavish jedoch übereingekommen, wei­tere Nachforschungen anzustellen. Sie waren nicht bereit, den Zirkel so einfach schalten und walten zu lassen. Aber jetzt, in dieser heiklen Phase der Existenz der Skulls von Connors unter Druck gesetzt zu wer­den, passte Sorenson überhaupt nicht. Er musterte das beinahe schon zu freundliche Gesicht seines Gegenübers und fragte sich, was der Mann tatsächlich wusste.

Connors war Geheimnisträger und das Oberhaupt aller Agenten des Königreichs. Informationen waren sein Metier. Sorenson gefiel das über­haupt nicht. Im Gespräch mit dem Mann hatte er ständig das Gefühl, dieser wisse viel zu viel über ihn. Der Admiral schob unbewusst kampf­lustig sein Kinn nach vorn.

Connors kicherte leicht, als hätte er Sorensons Gedanken gelesen. Manchmal vergaß er tatsächlich, wie gefährlich Connors in Wirklichkeit war. Ohne einen scharfen Verstand und ein gewisses Maß an Skrupello­sigkeit schaffte man es nicht an die Spitze der Geheimdienste einer der mächtigsten Sternennationen des bekannten Weltraums.

Connors nickte schließlich. »Ja, ich habe Sie ganz bewusst ausgewählt. Wie ich hörte, hat Ihnen Morrison einen Subkontrakt angeboten.«

Sorenson hätte überrascht sein müssen, das Connors darüber Bescheid wusste, war es aber nicht. An diesem Mann überraschte ihn nichts mehr.

Der Söldnerkommandant nickte. »Ich hatte eigentlich vor, den Auftrag abzulehnen.«

»Wieso?«

»Die Freie Republik Condor ist eine Nation mit Dreck am Stecken. Und an ihrer Spitze sitzt ein gewissenloser Verbrecher. Nicht gerade die Art Klient, die man sich wünscht.«

»Wenn man bedenkt, wie tief die Skulls in der Schuldenfalle sitzen, sollte man vielleicht nicht so wählerisch sein.«

»Wenn ich diesen Auftrag annehme, dann bekommen die Skulls nie wieder seriöse Aufträge.«

Connors nickte langsam. »Zugegeben, aber es gibt Wichtigeres.« »Nämlich?«

Connors seufzte erneut. »In der Republik lief alles reibungslos. Die FRC war eine gut geölte Maschine – bis vor drei oder vier Monaten. Auf einmal ging alles den Bach runter. Demonstrationen, Unruhen, sogar Attentate.«

»Vielleicht haben die guten Bürger der Republik einfach beschlossen, ihren glorreichen Anführer in den Zwangsurlaub zu schicken.«

Ich, aber unwahrscheinlich. Er saß zu fest im Sattel.«

»Nicht zuletzt dank Hilfe in vielfältiger Form aus dem Königreich, wie man hört.«

Connors Gesicht verdüsterte sich. »Treiben Sie es nicht zu weit, So-renson. Vergessen Sie niemals Ihren Platz.«

Sorenson richtete sich schlagartig auf. Sein erster Impuls bestand dar­in, aufzustehen und den Raum zu verlassen. Doch er war sich bewusst, dass Connors charmante Art jederzeit umschlagen konnte. In dem Samt­handschuh, mit dem der Geheimdienstchef ihm die Hand zur Begrüßung reichte, befand sich zu jedem Zeitpunkt eine Faust aus Stahl.

Sorenson schluckte seinen Stolz und seine Wut hinunter. »Was genau verlangen Sie?«

»Wir haben Informationen, dass die FRC von den gleichen Kräften destabilisiert wird, die auch hinter der Beeinflussung des Parlaments stehen.«

»Und?«

»Alles deutete darauf hin, dass beides zusammenhängt. Es ist aber be­reits an die Medien durchgesickert, dass der König vorhat, sein Vetorecht in Anspruch zu nehmen. Und sollte das geschehen, wäre jeder Einfluss, den diese geheimnisvolle Fraktion im Hintergrund auf das Parlament ausübt, hinfällig. Und trotzdem hören sie nicht auf damit. Und das wirft wiederum die nächste Frage auf.«

Sorenson nickte. »Warum geben Sie nicht auf? Wenn der König das neue Gesetz blockiert, dann war es das. Was also wissen die, was wir nicht wissen? Warum glauben die, dass sie immer noch Chancen haben, das Gesetz durchzudrücken?«

Connors nickte ernst. »Irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Den König beeinflussen können sie nicht. Daher muss es etwas anders sein.«

»Sie denken, sie haben einen Trumpf in der Hinterhand.«

Connors nickte. »Und Sie sollen herausfinden, was das sein könnte.« Sorenson schürzte erneut die Lippen. »Informationsbeschaffung? Das ist alles? Kein Kampfeinsatz?«

»Kein Kampfeinsatz«, bestätigte Connors. »Geben Sie mir die Waffe in die Hand, die ich brauche, um das Parlament von korrupten Elementen zu säubern. Den Rest übernehme mit dem größten Vergnügen ich.« 

Sorenson glaubte dem Mann kein Wort. Dafür kannte er ihn bereits zu lange. Falls Connors keine andere Wahl sah, würde er die komplette Söldnereinheit zum Wohle des Königreichs opfern. Doch er sah nicht, wie er aus dieser Falle entkommen konnte.

Sorenson erhob sich mit einem Stoßseufzer und reichte Connors die Hand. Dieser erhob sich ebenfalls und drückte sie mit festem Griff.

»Sie können sich auf uns verlassen, Eure Lordschaft.«

»Daran habe ich nie gezweifelt«, meinte Connors mit öligem Lächeln. 



WERBUNG
Aufgeführte oder vorhandene Links kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung.

0 Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Bitte beachtet, dass eure Daten beim Kommentieren für diesen Zweck von Blogger verarbeitet, bzw. gespeichert werden müssen. Wenn Ihr einen Kommentar abgebt, erklärt Ihr euch damit einverstanden